Donnerstag, 14. Juli 2011

14.07.2011, Zubiri-Pamplona, Der Sonne entgegen 21,2km

Heute ging es um halb sieben los in Richtung Pamplona. In der zweiten Unterkunft, wo auch Sarah schlief, war noch alles ruhig. Hätten wir gewusst, dass es nach Larrasoana so wenig anstrengend ist, hätten wir wahrscheinlich gestern die knapp 5 Kilometer noch gehen können. Nachdem wir an einer großen Magnesitfabrik vorbeigepilgert waren, wurden die Wanderwege sehr schön und abwechslungsreich. Erst hatten wir noch die Jacken an, aber bald konnten wir uns ihrer entledigen. Wir erreichten Trinidad de Arre, einen Vorort von Pamplona und trafen unseren Baumflüsterer wieder.


Aus der Zeitung wussten wir, dass heute der letzte Tag der San Fermin in Pamplona war. Diese Festlichkeit, die stets vom 6. bis zum 14. Juli stattfindet, wird zu Ehren des Patrons von Navarra San Fermin durchgeführt. Hemingway, der eine Vorliebe für Stierkämpfe hatte, machte sie in aller Welt bekannt. Die Stierläufe am Morgen und die Stierkämpfe am Abend sind überall berühmt. Unser Handbuch riet uns, Pamplona in dieser Zeit zu meiden, da auch die städtische Herberge geschlossen und die Unterkunftsmöglichkeiten stark begrenzt waren. Da wir uns noch nie im Urlaub an irgendwelche Ratschläge hielten und Herausforderungen lieben, zogen wir weiter und kamen gegen zwölf Uhr an der Casa Paderborn, einer Pilgerherberge des Freundeskreises dfer Jakobspilger von Paderborn, an. Aller Warnungen zum Trotz bekamen wir zwei Betten und das Abenteuer konnte beginnen. 


Es war der letzte Tag der Festwoche und massenhaft Leute belagerten die Stadt. Zugegeben, viel später hätten wir nicht an der Herberge sein dürfen. Die zwei Koreanerinnen hatten nicht so viel Glück wie wir und mussten weiterziehen. Aber erst einmal galt es, die Hürde der Anmeldung zu nehmen. Zwei Schwestern aus Köln, ehemals in Spanien geboren, da die Eltern im 2. Weltkrieg ausgewandert waren, hatten die Herberge für drei Wochen übernommen und waren sehr darauf bedacht, alles richtig und bedächtig zu machen. Und so dauerte es eine geschlagene Stunde, ehe wir unser Bett erhielten. Wir standen wie auf Kohlen, denn wir wollten uns frisch machen und ins Getümmel stürzen. Gleichzeitig rümpften die Schwestern auch die Nase über das Stadtfest und rieten uns davon ab, in die nicht ganz geheuerliche sündige Stadt zu gehen. Ihre Ratschläge verpufften und als es dann endlich soweit war, erlebten wir eine Fiesta, bei der nichts von Krise zu spüren war.
San Fermin Pamplona
San Fermin Pamplona
Auf den Straßen herrschte eine coole Stimmung, es gab Umzüge und Straßenkonzerte, bei denen die Spanier auf der Straße voller Temperament tanzten. Wir ließen uns treiben, wurden von der Stimmung angesteckt und tanzten ausgelassen mit. Am Rathaus fand der Tanz der übergroßen Puppen statt. Vier erwachsene Männer standen unter der Puppe, hielten das Holzgerüst und mussten auch noch die Choreografie des Tanzes umsetzen. Beeindruckend. Von Händlern wurden Holzpuppen, Masken und Trommeln für die Kinder verkauft. Das Beeindruckendste aber war, dass die ganze Stadt in Weiß und Rot gekleidet war. Wir stachen natürlich als nicht Einheimische hervor, denn wir hatten uns zwar ein rotes Halstuch gekauft, konnten aber nicht mit einem weißen T-Shirt dienen. Aber das störte hier keinen und so feierten wir kräftig mit. Alle Geschäfte blieben in dieser Woche geschlossen mit Ausnahme der kleinen Lebensmittelläden und Bars, Taperias und Restaurants. Wir kauften uns zwei Fleischspieße und zwei Becher Sangria. Beim Bezahlen blieb uns bald der Bissen im Hals stecken. Bei dem Preis von 23 Euro musste es einfach schmecken, was es aber auch tat. Schließlich hat man nur einmal Urlaub. Da wir aber noch Durst hatten, kauften wir im Anschluss in einem kleinen Laden noch 1,5 Liter Sangria für 3,50 Euro und die Welt war wieder in Ordnung.

Gegen abend fand ein Umzug vom Rathaus zur Arena statt. Dabei fielen uns eine Menge Spanier auf, die mit großen Eimern Sangria, Eis und Wasserspritzen zur Arena zogen. Was hatte denn das zu bedeuten? Egal, wie man zum Stierkampf in Spanien steht, wir waren der Meinung, dass man nur darüber urteilen sollte, wenn man es selbst gesehen hat. Also zogen wir mit vor die Arena und ein älterer Mann verkaufte uns zwei Karten zu einem günstigen Preis. Zwanzig Euro pro Karte wollte er haben. In Anbetracht dessen, dass die billigsten Karten bei 27 Euro anfingen und die Arena ausverkauft war, dachten wir uns, dass es nicht schaden kann. Aber hatte das Ding nicht doch einen Haken? Auf der Karte stand 0 Euro, also vielleicht ein Fake? Er versicherte uns mit Händen und Füßen, dass alles seine Richtigkeit hatte und dass wir den Kartenkauf nicht bereuen würden, was dann auch so sein sollte. Also gut.
Die Jungs, die wir nach den Plätzen fragetn, schauten uns schon etwas mitleidig an, wie uns schien, zeigten uns dann aber doch bereitwillig unseren Block. Er befand sich ganz oben, die Sonne schien erbarmungslos auf uns und er war schon gut gefüllt. Wir fanden trotzdem einen ganz angenehmen Platz. Als der Stierkampf begann, merkten wir, dass wir im Chaoten-Fanblock gelandet waren. Es erhob sich ein Tumult, die Leute spritzten mit Wasserpistolen und Bechern Sangria auf die Zuschauer, warfen mit ausgekatschten Apfelsinenschalen und eigens dafür hergestellten Makkaroni mit Tomatenspoße um sich.  Schnell sahen die weißen Sachen lila aus und uns troff der Wein nur so von Haut und Haar. Der Stierkampf wurde zur Nebensache.  Kurzzeitig überlegten wir, die Arena zu verlassen.
Stierkampfarena Pamplona
Stierkampfarena Pamplona
Aber alle fandens toll, waren freundlich und jubelten nun in lila statt weißen T-Shirts und Hosen. Nachdem unsere spanischen "Freunde" Sangria und Cracker mit uns teilten, konnten auch wir völlig unbeschwert mitfeiern. Der Stierkampf selbst war langweilig dagegen. Immer wenn ein Kampf zu Ende war, spielte in unserem Block eine Band und die Spanier sangen die Hymnen auf den Stier lauthals mit. Die Stimmung war fantastisch. Als der Kampf zu Ende war, kletterte Mario mit den anderen noch mal in die Arena, aber dann mussten wir uns sputen, denn mit den Schwestern war nicht zu spaßen. Sie schlossen garantiert Punkt 10 Uhr die Pforten der Casa. Als sie uns sahen, schlugen sie die Hände über den Kopf zusammen. Schnell griffen wir zu einer Notlüge und sagten, wir wären auf dem Platz vollgeschüttet wurden. In einer Schnellwäsche versuchten wir alle Rotweinflecke zu entfernen, was uns mit dem Fleckenmittel von Jutta auch gelang. Auch wir stellten uns völlig verklebt unter die Dusche und mussten zweimal duschen, bevor wir selig im Weinrausch und -duft einschliefen. Von weitem hörten wir noch die Knaller von Abschlussfeuerwerk, bedauerten es etwas, nicht dabei sein zu können, waren aber trotzdem von dem Tag ganz schön geschafft und schliefen bald wie die Murmeltiere.

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